16 Oct 2014

POVERTY











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Seit zwei Wochen sind wir nun schon im Sudan, haben seitdem Städte, Dörfer und viel Natur gesehen. Das Essen ist gut, die Häuser in denen wir leben sind groß und schön und unsere Zimmer haben zum Glück nicht nur bequeme Betten, sondern auch Air Condition. Wann immer wir etwas besichtigen oder jemanden besuchen wollen nehmen wir eines der Autos und lassen uns mit der Rikscha fahren, denn selbst weitere Strecken sind für unsere Verhältnisse immer noch sehr günstig – trotzdem ist uns seit dem ersten Tag nicht entgangen, dass wir weit über dem Standard der normalen sudanesischen Bevölkerung leben. Wir haben eine tolle Zeit hier, doch die meisten Menschen kämpfen jeden Tag ums Überleben.

Fast jedes Mal, wenn wir an Ampeln halten müssen kommen kleine Kinder und Jungs in unserem Alter, um für ein paar sudanesische Pfund Obst, Messer und sogar Teppiche zu verkaufen. Ehe man sich versieht putzt ein Fünfjähriger in Windeseile die Scheibe, sodass man sich verpflichtet fühlt im etwas Geld zu geben, bevor es wieder grün wird. Obwohl Amunas Cousin bemerkenswert oft die Scheibe runterkurbelt und geduldig sein Taschengeld mit den Armen teilt fühlen wir uns sehr unwohl. Man kann nicht jedem Geld geben und selbst wenn jeder so großzügig wäre würde es die Situation der Menschen nicht verbessern. Unterstützt man Kinder beim Betteln, dann bestätigt man sie nur dabei so weiterzuleben und hilft ihnen keineswegs einen Ausweg zu finden.

Mit dem Auto fahren wir in die Gegend, in der diese Kinder aufwachsen und ihre Zeit verbringen, wenn sie nicht gerade auf der Straße versuchen ihrer Familie zu helfen. Sie spielen barfuß und in schmutziger Kleidung in riesigen Müllhalden, die sich überall in und außerhalb der Städte finden. Zwischen den Bergen aus Dreck und Abfall sind selbstgebaute, spärliche Hütten und Menschen in farbenfrohen Klamotten. Es klingt verrückt, aber obwohl sie unglaublich arm sind sehen sie nicht unglücklich aus. Die Kinder lachen und spielen Fußball, die Frauen tun ihr Bestes, um für ihre Familien Wasser und Essen zu besorgen. Man lächelt uns zu und winkt als störe man sich nicht an unserer unpassend teuren Kleidung und den Kameras.

Ebenso nett sind auch unsere Nachbarn in Khartum, die in einer kleinen, selbstgezimmerten Hütte gegenüber unseres Hauses leben. „Hütte“ ist jedoch maßlos übertrieben, ist es doch eher ein teilweise überdachter Platz an einer Mauer, ohne fließend Wasser, Räume oder gar Elektrizität. Da diese Leute buchstäblich nichts haben – sie wohnen hier illegal, wissen aber nicht wo sie sonst hinsollen – kommen sie zu uns herüber, um bei Amunas Tante Wasser zu holen. Jeden Tag kommen die Kinder und jeden Tag lachen sie und sind gut gelaunt. Die dreizehnjährige Tochter ist auffallend hübsch, selbst ihre alten Klamotten können ihr das nicht nehmen. Wir beschließen dieser Familie unsere Röcke und Oberteile, die wir uns extra für den Sudan gekauft haben, vor unserer Abreise zu schenken.

Auch in Portsudan werden wir mit vielen Schicksalen armer Nachbarn konfrontiert. Im Haus gegenüber wohnt eine Familie mit sehr vielen Kindern, von denen Mehrere schielen und fast alle kaputte und schiefe Zähne haben. Wann immer wir das Haus verlassen versammeln sie sich mit all ihren Freunden und starren uns an, wollen unsere Hände schütteln und laufen uns solange hinterher, bis wir in einem Auto oder einer Rikscha davonfahren. Sie nennen Hannah die „Dancing Queen“ nach einer weißen Schauspielerin in einem indischen Film, da dies das einzige andere Mal gewesen ist, dass sie eine Weiße gesehen haben. Anfangs werden sie noch ignoriert, doch als sie nach ein paar Tagen nicht aufhören uns anzuhimmeln werden die Leute sauer, schubsen sie und vertreiben sie mit bösen Worten. Während die Kinder in Amunas Familie süß sind und von Allen geliebt werden, hat man für Diese nichts übrig und möchte sie nicht berühren, da sie nur zu hohen islamischen Feiertagen gewaschen werden und auch nur dann ihre Kleidung wechseln. Sie sind nicht nur arm, sondern auch ungebildet, heiraten früh und bekommen sofort danach Kinder. Als es eines Nachts stark regnet und am nächsten Tag Teile der Stadt unter Wasser stehen, gehen sie mit Freude darin baden. Sie wissen nicht, dass all der Müll das Regenwasser vergiftet und sie daran sterben können, falls sie zu viel verschlucken.

Ein weiterer Aspekt dieser Unbildung ist die Beschneidung, die im Sudan immer noch praktiziert wird. Wir unterhalten uns mit einer Frau, die uns die Beschneidungsprozedur erklärt. Bei wohlhabenderen Familien erfolgt sie nach einer Betäubungsspritze, ansonsten aber notfalls vollführt man sie auch mit benutzten Rasierklingen. Nachdem die jungen Mädchen beschnitten worden sind werden sie zugenäht, sodass der Mann in der Hochzeitsnacht sichergehen kann, dass seine Frau noch Jungfrau ist. Sie erzählt uns, wie sie in dieser Nacht vor Schmerz geschrien und geheult hat und nach der Geburt ihrer Kinder wochenlang weder laufen noch sitzen konnte. Ihr Mann ist aber sehr glücklich darüber gewesen, dass sie noch unangetastet war. Geschockt fragen wir sie, ob sie ihre Kinder auch beschneiden hat lassen, doch sie versichert uns, dass sie ihrer Tochter so etwas nie antun würde und die Beschneidung außerdem von der Regierung verboten worden ist. Die jetzige Elterngeneration wäre aufgeklärter und wüsste über die schlimmen Folgen dieses mittelalterlichen Rituals. Leider gilt das nur für die oberen Schichten und so hören wir von kleinen Mädchen, die im Jahr 2014 immer noch von ihren Tanten oder Omas um jeden Preis beschnitten werden, um nicht später als „beschädigt“ zu gelten.

Diese und weitere Dinge beschäftigen uns, wenn wir durch die Straßen fahren und nicht wissen, wie wir helfen können. Die sudanesische Regierung ist korrupt und Spendengelder kommen nur selten an, die Bevölkerung kann sich nicht gegenseitig helfen, dafür hat niemand hier genug Geld. Erst hier haben wir gelernt Wasser und Elektrizität wertzuschätzen, haben die Hilflosigkeit erlebt, wenn eines von Beidem fehlt. Allein schon immer auf die Toilette gehen zu können, wenn man außer Haus ist, ist ein Luxus der Industrieländer, über den wir davor nie nachgedacht haben, genauso wie das Recht als Mädchen zu arbeiten und die Freiheit alleine herumzulaufen. All dies und vieles mehr bleibt dem sudanesischen Volk, vor Allem den Frauen, verschlossen und trotzdem ist es bemerkenswert gastfreundlich und lebenslustig.

It has been two weeks since we arrived in Sudan. We have seen towns, villages and a lot of nature, we have stayed in grand and beautiful houses, slept in comfortable beds and our rooms were always air conditioned. Whenever we are going somewhere it is always by car or rickshaw, because even long distances are not expensive for us. Nonetheless do we know that this lifestyle is more than unusual in Sudan and while we are having a great time, the Sudanese people is fighting for a decent life every single day.

Nearly every time that we stop at a traffic light, children and young men come up to our car and try to sell us fruit, knives or even carpets. A five year old boy will quickly clean our windscreen and because we are feeling bad, we will give him a few Sudanese pounds, knowing that they will not really help him. Giving kids money only encourages them to keep begging in the streets. But not giving them money when they clearly need it so badly is cruel and will make us feel even worse, so that at the next traffic light Amuna’s cousin patiently shares his money with them again. However, not everybody is that nice and even if they were, there still would not be enough money to help everyone.

Wondering what these children are doing when they are not “working”, Amuna’s family shows us the areas they live in (by car). What we see is hills of rubbish, barefoot children happily playing in between them and women wearing the most colourful tops (traditional dresses). Having no other place to stay, these people just build “houses” made of wood and rubbish in places everybody else wants to avoid and even though they are incredibly poor they do not look miserable, but lively and determined to make the best out of their lives. Kids are playing football while their mums look for ways to feed them and give them water. When we drive by everbody smiles and waves at us, not caring about our inappropriately expensive clothing and cameras.

Our neighbours in Khartoum have a similar fate, living in a small self-built “hut” without any rooms, water or electricity. The expression “hut” still is an exaggeration as their home is just a little area next to a wall and does not even have a whole roof, but just some parts to hide beneath if it rains (and Sudanese rain is so heavy that one rainy night can destroy half the streets of Khartoum). On top of these horrible living conditions is the fact that their home is illegal and could be removed by the police at any time, but there is nothing they can do about it. Every day the children come over to us to get some water or help cleaning the house for a little bit of money and every day they smile and look happy. When we see the thirteen year old daughter for the first time we are stunned by her beauty and how even her old clothes cannot hide her gorgeous face. We decide to leave all the clothes we bought for Sudan with them before we leave.

Not only in Khartoum, but also in Portsudan are we confronted with disadvantaged neighbours. The family living in the opposite house on the other side of the street has lots of children, many of them have very bad teeth and crossed eyes. Whenever we leave the house all of them run after us, wanting to talk to us and to shake our hands and they will not leave us alone until we disappear in a car or rickshaw. They call Hannah the “Dancing Queen” after an Indian film. Apparently that was the only other time in their lives that they saw a white person so they think she is a celebrity. In the beginning they are mostly being ignored, but when they do not stop staring after a few days people get annoyed and start pushing them away. Kids are sweet and loved by everyone in Amuna’s family, but these children are not looked after, nobody cares about them or wants to touch them as they only shower and change their clothes at special occasions (like important holidays in Islam). They are not only poor, but also not educated and so they will marry early and have lots of children themselves without having any future perspectives. During our stay in Portsudan there is one rainy night which floods some of the streets for a few days and turns them into a big playground for the kids. They enjoy themselves and swim in the water, not knowing that it will kill them if they swallow too much.

Another aspect that shows the lack of education is the female genital cutting which is still widely practiced in Sudan. We talk to a women who explains the process to us and it is sad to say that family like our neigbours, who do not have enough money to do it in a sort of clean way – after at least numbing the girl – just cut her with old and dirty razor blades. After that they seam her up so that her husband will know that she is still a virgin. She tells us about her pain that night, how she screamed and cried and could not walk for weeks after giving birth to her children. At least her husband was happy to see that she had not been touched yet. Although we knew about female genital cutting we are still shocked and ask her if she did it to her own children. Never, she says. The new generation of parents are starting to question this terrible ritual, they know of the consequences and the diseases that come with it. Sadly, she is only speaking for the educated part of Sudan. The other, bigger part keeps mutilating their girls so that nobody will think their “damaged”, even though it is prohibited by law.

Driving through the streets of Sudan makes us very sad sometimes, but it is hard to think of solutions for all these poverty problems. The Sudanese government is corrupt and donations do often not make it to the people, who simply cannot help themselves. They stay in the leaders’ pockets and are being wasted. Only having spent some time here makes us appreciate water and electricity and we finally learned how hard it is to live without it. Always having running water is a luxury, never mind being able to use a toilet wherever you go. We, who live in industrialized countries, are used to that and never think about it. Boys and girls have the same rights and can do whatever they want, go wherever they want to go. Apparently, a Sudanese girl does not have that right.

Even though the Sudanese people lack a lot, Sudan is still one of the nicest, liveliest and most welcoming countries - and that makes their whole situation even sader!

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